Zeitlupe
1977 Italien: Vorreiter der inklusiven Schule
Italien blickt in diesem Jahr auf 46 Jahre Geschichte schulischer Inklusion zurück.
Im Jahr 1977 schuf Italien aufgrund einer progressiven Schulreform alle Sonderschulen des Landes ab. Grund dafür war ein massiver Bildungsnotstand in den 1960er-Jahren. Damals verließ der Großteil an Schülerinnen und Schüler nach den verpflichtenden fünf Jahren Grundschule die Bildungslaufbahn, während Kinder mit psychischen und physischen Beeinträchtigungen die Schule gar nicht besuchten. Aufgrund dieser Reform und weiterer Entwicklungsstrategien über die Jahre hinweg, werden mittlerweile 99 Prozent aller Schülerinnen und Schüler gemeinsam beschult. In Deutschland sind es vergleichsweise nur 46 Prozent und auch in Österreich sind Sonderschulen noch Teil des Schulsystems.
Angesichts solcher internationalen Vergleiche gilt Italien als Musterbeispiel für ein inklusives Schulsystem. Expertinnen und Experten sprechen bei der Geschichte der schulischen Inklusion in Italien vom „Learning by doing“, da viele inklusive Prozesse im Bildungssystem ausprobiert, wieder verworfen und erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder eingeführt wurden. Dadurch wurde der Inklusionsbegriff in Italien Jahr für Jahr ausgeweitet, weshalb heute neben der Einbeziehung körperlicher oder geistiger Einschränkungen auch auf emotionale, soziale Entwicklung, Sprache und kulturellen Hintergrund der Schülerinnen und Schüler Rücksicht genommen wird.