Eine kleine Perle der psychosozialen Rehabilitation in Südtirol
PFIFF ist eine Bildungsmaßnahme der Koordinationsstelle Berufliche Weiterbildung zur beruflichen Integration von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder psychosozialen Problemen. Verena Hilpold leitet nicht nur das Projekt, sondern hat auch ihre Masterarbeit darüber geschrieben. INFO wollte von ihr wissen, was es damit auf sich hat.
Worum geht es in diesem Projekt?
Als Basisqualifizierung und Arbeitstraining mit dem Ziel der beruflichen Integration gestartet, hat es sich mittlerweile zu einem erfolgreichen Berufsorientierungsprogramm mit Elementen eines gruppentherapeutischen Settings zur Wiedereingliederung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder psychosozialen Problemen entwickelt.
Ziel ist nicht primär die Beschäftigung in einem Betrieb, sondern die Entwicklung und Wiedererlangung persönlicher, sozialer und beruflicher Kompetenzen, die gesellschaftliche Teilhabe und die Gesundung dieser Menschen. Sie sollen psychisch und physisch stabilisiert werden und im Bildungs- und Betreuungsprozess Fähigkeiten und Fertigkeiten für eine möglichst selbständige und eigenverantwortliche Lebensführung und Alltagsgestaltung erwerben.
In Ihrer Masterarbeit haben Sie PFIFF wissenschaftlich unter die Lupe genommen. Was hat ihr Interesse geweckt?
Ich leite dieses Projekt nun seit einem Jahr und mich hat vor allem interessiert, wie es über die Projektlaufzeit hinaus wirkt. Ich habe mich gefragt: Was passiert mit den Teilnehmenden nach Projektende? Was machen sie und wie zufrieden sind sie? Relativ schnell stellte sich heraus, dass es viele Informationen gibt, nicht zuletzt, weil viele ehemalige Teilnehmende auch nach Jahren noch Kontakt zum Kernteam des Lehrgangs haben. In meiner Masterarbeit habe ich es mir daher zur Aufgabe gemacht, die vorhandenen Informationen zu sammeln, zu strukturieren, zu ergänzen und systematisch auszuwerten.
An wen richtet sich dieses Projekt?
PFiFF richtet sich an Menschen mit psychischen Erkrankungen und psychosozialen Problemen, die den Sprung in die Arbeitswelt und zu mehr sozialer Integration schaffen wollen. Durch PFiFF lernen sich die Teilnehmenden als Individuen, aber auch als Gruppe in einer wertschätzenden und respektvollen Atmosphäre des wohlwollenden Miteinanders besser kennen und werden in einem Entwicklungsprozess begleitet. Voraussetzung ist allerdings die Bereitschaft der Teilnehmenden, sich auf diesen Prozess und insgesamt auf Veränderungen einzulassen.
Was erwartet die Teilnehmenden des Lehrgangs?
Der Lehrgang besteht aus einem theoretischen Teil von 14 Wochen und einem praktischen Teil, der aus einem achtwöchigen Orientierungspraktikum und einem zehnwöchigen Vertiefungspraktikum besteht. Die Teilnehmenden werden während des gesamten Lehrgangs in einem psychotherapeutischen Gruppensetting begleitet und können in einem geschützten Rahmen Erfahrungen in einer Kombination aus Theorie, Praxis und Reflexion sammeln.
PFiFF konzentriert sich auf die Potenziale der Teilnehmenden und begleitet sie ein Stück ihres Weges, um ihre Entwicklung auf vielen Ebenen anzustoßen. Was sagen Ihre Datenanalysen über die Zeit nach Projektende aus?
In der quantitativen Analyse meiner Masterarbeit habe ich die Daten der Teilnehmenden der PFiFF-Lehrgänge 2011-2023 ausgewertet. Knapp die Hälfte der Teilnehmenden hat durch die Teilnahme am Lehrgang eine Stelle auf dem freien Arbeitsmarkt (ca. 30 %) oder einen geschützten Arbeitsplatz (ca. 15 %) gefunden. Etwa 15 % der Teilnehmenden haben ein weiteres Praktikum absolviert und etwa 10 % haben sich für eine Bildungs- oder Ausbildungsmaßnahme entschieden. Lediglich 12,4 % der Teilnehmenden haben den Lehrgang aufgrund der Problematik abgebrochen, 17,5 % konnten aufgrund der Problematik nicht vermittelt werden und wurden von den Diensten (wieder) übernommen: Für diese Zielgruppe sind solche Zahlen im europäischen Vergleich ein Riesenerfolg.
Meine qualitative Auswertung einer Evaluation, die 2023 am Ende des Lehrgangs mittels Fragebogen durchgeführt wurde, ergab eine hohe Zufriedenheit der Teilnehmenden mit dem Projekt, und zwar auf beruflicher, persönlicher, aber auch sozialer Ebene. Neben der Verbesserung der beruflichen Perspektiven zeigten die Auswertungen der Aussagen unter anderem mehr Sicherheit, Stabilität und Offenheit bei den Teilnehmenden, ein besseres Kennenlernen der eigenen Person mit ihren Stärken, aber auch den eigenen Schutzmechanismen sowie eine verbesserte Kompetenz in zwischenmenschlichen Beziehungen und in Gruppen.
Ein zentrales Kernelement von PFiFF ist seit seiner Gründung vor fast 30 Jahren die kontinuierliche Evaluation des Projekts.
In Ihrer Masterarbeit analysieren Sie die Bildungsmaßnahme auch anhand der aktuellen „Empfehlungen für eine gute Praxis“ der italienischen Gesellschaft für psychosoziale Rehabilitation (SIRP). Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus dieser Analyse?
Der PFiFF-Lehrgang erfüllt einen Großteil der „Empfehlungen für eine gute Praxis“, die von multidisziplinären Arbeitsgruppen der italienischen Gesellschaft für psychosoziale Rehabilitation im Jahr 2022 erarbeitet wurden. Es ist gleichzeitig ein Weg der beruflichen Orientierung und persönlichen Entwicklung für die Teilnehmenden, eine Strategie der Arbeitsvermittlung und eine psychosoziale Rehabilitationsmaßnahme, die auf soziale Integration abzielt.
Durch die multidisziplinäre Zusammenarbeit im Team und die systematische Einbindung aller relevanten Akteurinnen und Akteure im Umfeld der Teilnehmenden (psychologische und psychiatrische Dienste, Arbeitsmarktservice, Eltern usw.) werden Synergien geschaffen, die für die ganzheitliche Entwicklung der Teilnehmenden zentral sind.
Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie für die Zukunft?
Ein zentrales Kernelement von PFiFF ist seit seiner Gründung vor fast 30 Jahren die kontinuierliche Evaluation des Projekts. Die Ziele, Wünsche und Verbesserungsvorschläge der Teilnehmenden wurden stets gezielt abgefragt und der Lehrgang von Mal zu Mal entsprechend angepasst. So hat sich das Projekt im Laufe der Zeit immer wieder verändert und ich würde mich sehr freuen, wenn diese Fähigkeit, mit der Zeit und den Menschen zu gehen, auch in Zukunft erhalten bleibt. Ziel war und ist es immer, zum Wohle der Teilnehmenden zu arbeiten, sie in den Mittelpunkt zu stellen und sie ein Stück in ihrem persönlichen und beruflichen Leben und auch in die Zukunft zu begleiten.
Wann beginnt der nächste Lehrgang, wie läuft die Anmeldung ab und wo kann ich mich informieren?
Der nächste Lehrgang beginnt im Herbst 2025. Ab Frühjahr 2025 kann man sich für die entsprechenden Auswahlgespräche anmelden, die im September desselben Jahres stattfinden. Für Informationen zum Lehrgang können sich Interessierte direkt an Verena Hilpold wenden (0471/416927, E-Mail: verena.hilpold@provinz.bz.it).