Interview Plattform Nachhaltige Schule
„Es braucht Überzeugung, Geduld und Zeit“
Besonderes Engagement erregt Aufmerksamkeit. Die Plattform Nachhaltige Schule hat mit besonderen Initiativen immer wieder aufhorchen lassen. INFO hat mit dem Koordinator der Plattform, Gianluigi Di Gennaro, und dem ehemaligen Koordinator Wilfried Meraner* gesprochen.
Herr Meraner, Herr Di Gennaro, die Plattform Nachhaltige Schule hat in den vergangenen Monaten bereits mit einigen Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. Worum ging es Ihnen bei den Initiativen?
Wilfried Meraner: Die Plattform Nachhaltige Schule ist ein Netzwerk mehrerer Oberschulen. Diese Schulen – aber inzwischen auch viele andere – haben vieles gemacht, was für die Nachhaltigkeit wichtig ist: Automaten mit Plastikflaschen abgeschafft, viele Vorträge mit interessanten Persönlichkeiten organisiert, um für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler das Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu stärken, Veranstaltungen und Ähnliches, zum Tag der Erde, Tag des Wassers, ein Nachhaltigkeitsfest veranstaltet, Kleidertauschbörsen, Projekte mit der Wirtschaft, die schulinterne Mülltrennung in den Klassen, dazu aufgerufen, Recyclingpapier verwenden, Maturareisen ohne Flugzeug zu organisieren und vieles mehr.
Was haben Sie noch auf die Beine gestellt?
Gianluigi Di Gennaro: In Meran hat das Netzwerk Nachhaltige Schulen Meran, das mit der Plattform verbunden ist, zwei außerschulische Initiativen organisiert: Im Dezember fand ein Treffen mit dem Geschäftsführer des Meraner Milchhofes statt, um über die Verbesserung und Reduzierung der Verpackungen zu diskutieren. Im Februar organisierte das Netzwerk ein Treffen mit den Verantwortlichen der größten Supermarktketten Südtirols, um über Nachhaltigkeit zu diskutieren. Das war ein großer Erfolg, es fand an einem unterrichtsfreien Nachmittag statt und der Saal im Realgymnasium Meran war überfüllt mit Schülern, Schülerinnen und Lehrpersonen, die mit großem Engagement mit den Gästen über das Thema diskutiert haben.
Hat Sie Greta Thunberg dazu inspiriert oder gab es die Plattform schon vor den Fridays for Future?
Gianluigi Di Gennaro: Unsere Plattform gibt es seit fünf Jahren, sie ist langsam gewachsen. Was Greta Thunberg bewirkt hat, ist: Die Jugendlichen haben jetzt entschieden mitzumachen. Es sind in verschiedenen Schulen Arbeitsgruppen entstanden, in denen Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen zusammenarbeiten. Sie bringen konstruktive Beiträge und interessante Vorschläge zur Diskussion.
Sind Schulgemeinschaften leicht für das Thema zu motivieren oder stößt man auf taube Ohren?
Gianluigi Di Gennaro: Für fast alle Schülerinnen, Schüler, Lehrpersonen, Direktorinnen und Direktoren ist Nachhaltigkeit inzwischen ein sehr wichtiges Thema. Das war vor Greta bei Weitem nicht so! Auf alle Fälle hängt viel davon ab, ob es an einer Schule jemanden gibt, der sie für das Thema Nachhaltigkeit motivieren kann.
Worin liegen die Herausforderungen bei der Umsetzung solcher Vorhaben?
Wilfried Meraner: Erstens braucht es eine starke Überzeugung, zweitens viel Geduld, drittens viel Zeit. Darin liegt eine Schwierigkeit: Die meisten engagierten Leute sind auch schon woanders eingebunden und haben wenig Zeit.
Erfahren Sie Unterstützung von Bildungspolitik und Bildungsdirektion?
Wilfried Meraner: Wir haben mit der Bildungsdirektion seit Herbst eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Die Bildungspolitik könnte uns sehr unterstützen, wenn es zum Beispiel eine teilweise Freistellung für Nachhaltigkeits Koordinatoren und -Koordinatorinnen an allen Schulen gäbe. Bisher wurde das meiste in der eigenen Freizeit gemacht, und das wird auf Dauer schwierig sein.
Was genau verstehen Sie unter einer „nachhaltigen Schule“?
Wilfried Meraner: Ich zitiere aus dem Dreijahresplan unserer Schule: Unsere Schule wird als Betrieb Schritt für Schritt nachhaltiger und schließlich ein Vorbild für Nachhaltigkeit. Alle am Schulbetrieb Beteiligten werden in den Prozess einbezogen: Schülerinnen und Schüler, Lehrpersonen, Schulführung und Schulpersonal. Die Schulabgänger verlassen unsere Schule mit einem Bewusstsein für Nachhaltigkeit und mit Perspektiven, wie man als Einzelner, als Gesellschaft und nicht zuletzt in der Wirtschaft Nachhaltigkeit erreichen kann.
Ihr nächstes Ziel?
Gianluigi Di Gennaro: Wir wünschen uns, dass sich möglichst viele Schulen über unsere Plattform vernetzen, weil sie dadurch einander sehr helfen können – auch die italienischen und die ladinischen Oberschulen und Berufsschulen