Lebenskompetenzprogramm
„Gemeinsam stark werden“
An der Grundschule Albert Schweitzer in Meran wird nicht nur klassischer Unterricht vermittelt. Mit dem Lebenskompetenzprogramm „Gemeinsam stark werden“ lernen Kinder, wie sie sich in einer komplexen Welt zurechtfinden. In einer Unterrichtseinheit zur Entspannung erleben die Drittklässler auf spielerische Weise, wie wichtig es ist, Pausen zu machen und achtsam zu sein.
Ein Donnerstagmorgen Anfang Oktober in der 3A der Grundschule Albert Schweitzer in Meran. Klassenlehrerin Lea Hilfert begrüßt gemeinsam mit ihrer Kollegin Johanna Cont die Kinder und bittet sie, einen Sitzkreis am Boden zu bilden. Sobald Ruhe einkehrt, beginnt sie, eine Geschichte vorzulesen. Es geht um ein Eichhörnchen, das Nüsse sammelt und diese so eifrig an verschiedenen Orten vergräbt, dass es sogar nachts aktiv ist. Das sorgt für Chaos und Unmut bei den anderen Waldbewohnern. Erst als eine weise Eule eingreift, beruhigt sich das Eichhörnchen und lernt, sich Pausen zu gönnen. Nach der Geschichte fragt Lea Hilfert die Kinder, warum das Eichhörnchen eine Pause braucht und warum es auch für Menschen wichtig ist, Pausen zu machen.
Es ist keine gewöhnliche Unterrichtsstunde an diesem Vormittag, sondern eine Einheit des Lebenskompetenzprogramms „Gemeinsam stark werden“, die sich mit dem Thema Entspannung beschäftigt. „Die Kinder verbringen viel Zeit in der Schule, daher ist es wichtig, dass sie Fähigkeiten fürs Leben mitnehmen – Fähigkeiten, die manchmal zu Hause zu kurz kommen“, erklärt die Klassenlehrerin. Das Programm zielt darauf ab, die psychosozialen und emotionalen Kompetenzen der Kinder zu fördern, damit sie sich in einer zunehmend komplexen und herausfordernden Welt zurechtfinden. „Es hilft ihnen dabei, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und schwierige Situationen selbstbewusst zu meistern“, fügt Hilfert hinzu, die die 3A bereits seit der ersten Klasse betreut und das Programm seither in ihren Unterricht integriert.
An diesem Vormittag haben sich die Schülerinnen und Schüler bereits einen gemütlichen Platz im Klassenzimmer gesucht, einige liegen auf Decken am Boden. Lea Hilfert steht vor der Tafel und hält eine Büroklammer in die Höhe. „Wenn jetzt alles still ist, können wir hören, wie die Klammer auf den Boden fällt“, erklärt sie den Kindern und lässt die Klammer los. Anschließend öffnet sie das Fenster und gibt den Kindern die Aufgabe, für zwei Minuten die Geräusche von draußen bewusst wahrzunehmen. Die meisten Kinder schließen die Augen, im Raum herrscht absolute Stille. Nach der vereinbarten Zeit berichten die Kinder, was sie gehört haben und was ihnen an der Übung gefallen hat. Einige erwähnen die Geräusche von einer Baustelle, andere haben Stimmen wahrgenommen. Ein Mädchen sagt, dass es die Ruhe genossen habe.
Das Lebenskompetenzprogramm „Gemeinsam stark werden“, das in Österreich entwickelt wurde, bietet eine Vielzahl erlebensorientierter Methoden zu verschiedenen Themen der Persönlichkeitsentwicklung, zum Beispiel zum Selbstwert, zu Gefühlen, zum Umgang mit Stress, zur Kommunikations- und Konfliktfähigkeit oder zum kreativen und kritischen Denken. Neben Gesprächsrunden sowie Entspannungs- und Bewegungsübungen gehören auch Kennenlernspiele oder Achtsamkeits- und Wahrnehmungsübungen zum Repertoire, die den Lehrkräften bei der Gestaltung der Einheiten helfen. Lea Hilfert wurde in der ersten Klasse von einer Kollegin in das Programm eingeführt. Im Sommer besuchte sie dann eine Fortbildung zum Programm „Gemeinsam stark werden“ auf Schloss Rechtenthal in Tramin. Weitere drei Kolleginnen der Grundschule Albert Schweitzer setzen das Programm ebenfalls in ihrem Unterricht ein. Eine wertvolle Unterstützung dabei ist eine umfangreiche Materialsammlung mit detaillierten Anleitungen für die verschiedenen Einheiten. „Die Mappen enthalten alle Unterrichtseinheiten mit thematischen Schwerpunkten und bieten Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Das spart viel Vorbereitungszeit“, erklärt die Lehrerin.
Lea Hilfert würde das Lebenskompetenzprogramm auf jeden Fall weiterempfehlen, vielleicht auch, weil es den Kindern Freude macht. Zum Abschluss der Stunde stehen die Kinder im Kreis und schütteln Arme und Beine aus, hüpfen drei Mal in die Luft und rufen dabei: „Eins, zwei, drei!“ Danach bleiben sie auf Anweisung der Lehrerin ruhig stehen, legen die Hände auf den Bauch und atmen dreimal tief und entspannt durch die Nase ein und durch den Mund aus. Sie sollen spüren, wie sich der Bauch beim Einatmen hebt und beim Ausatmen senkt. Zum Abschluss dürfen sie noch einmal wilde Grimassen schneiden – ein spielerisches Ende für eine entspannende Stunde.
Infos zum Lebenskompetenzprogramm:
„Gemeinsam stark werden“ ist ein Unterrichtsprogramm zur Persönlichkeitsförderung von Kindern im Grundschulalter (1. bis 4. Schulstufe).
Ziele des Programms sind die Förderung des sozialen und emotionalen Lernens sowie die Stärkung jener Lebenskompetenzen, die eine Voraussetzung für ein gesundes, selbstbestimmtes und erfülltes Leben sind.
Das Unterrichtsprogramm „Gemeinsam stark werden“ wurde in Kooperation von der mitweitblick GmbH und der Österreichischen ARGE Suchtvorbeugung entwickelt und wird in Südtirol vom Bereich Gesundheitsförderung der Pädagogischen Abteilung angeboten. Sind mindestens 12 Lehrpersonen einer Schule daran interessiert, kann es vor Ort angeboten werden, ansonsten ist es möglich, die entsprechende Landesfortbildung im Sommer zu besuchen.
Weitere Informationen erhalten Sie bei den Beraterinnen für Gesundheitsförderung in den Pädagogischen Beratungszentren:
Dorothea Staffler│Dorothea.Staffler2@provinz.bz.it│T 0473 25 22 48
Gudrun Schmid│Gudrun.Schmid@provinz.bz.it│T 0471 41 75 93
Zum Gesamtprojekt: https://www.gemeinsam-stark-werden.org/