Gleichgestellte und anerkannte Privatschulen in Südtirol
Neben den bekannten staatlichen Schulen haben sich italienweit gleichgestellte und anerkannte Privatschulen etabliert. Wie unterscheiden sich diese voneinander? Wie viele solcher Schulen gibt es in Südtirol und warum? Schulinspektor Christian Alber klärt auf.
Rund sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen in Italien besuchen eine gleichgestellte Schule. Es gibt allerdings auch solche Schulen, die nicht gleichgestellt, dafür aber vom Staat bzw. Land anerkannt sind. Aber was heißt das in der Praxis? Wie schaut die Situation in Südtirol aus? Schulinspektor Christian Alber beschäftigt sich seit Jahren mit diesem Bereich. Er sagt: „In Südtirol gibt es 14 gleichgestellte Schulen. Davon sind acht katholische Privatschulen und sechs Privatschulen in freier Trägerschaft.“ INFO wollte es genauer wissen und hat Christian Alber zum Interview gebeten.
INFO: Was ist der Unterschied zwischen gleichgestellten und anerkannten Privatschulen?
Christian Alber: Gleichgestellte Schulen sind, wie der Name schon andeutet, den staatlichen Schulen gleichgestellt. Das bedeutet, dass diese Schulen sich an dieselben rechtlichen Vorgaben, zum Beispiel bei der Bewertung, halten müssen wie die staatlichen Schulen. Im Gegenzug dürfen gleichgestellte Schulen rechtsgültige Zeugnisse ausstellen. Man kann also sagen, dass es für die Schülerinnen und Schüler keinen Unterschied macht, ob sie eine staatliche oder gleichgestellte Schule besuchen.
Und anerkannte Schulen?
Diese haben in der Unterrichtsorganisation und -gestaltung größere Spielräume und müssen sich nur an die allgemeinen Grundsätze halten. Die größeren Freiräume, die anerkannten Schulen eingeräumt werden, haben allerdings auch zur Folge, dass diese Schulen nicht befugt sind rechtsgültige Zeugnisse auszustellen. Daher müssen sich die Schülerinnen und Schüler von anerkannten Schulen am Ende der Grundschule einer Eignungsprüfung und am Ende der Mittelschule der Abschlussprüfung an einer staatlichen Schule stellen. Dies ermöglicht dem Staat bzw. dem Land die Überprüfung, ob die vorgeschriebenen Kompetenzen der jeweiligen Schulstufe erreicht wurden oder nicht.
Wie viele solcher Privatschulen gibt es und wer führt sie?
Neben den öffentlichen Schulen gibt es in Südtirol auch 14 gleichgestellte und sieben anerkannte Privatschulen. Geführt werden sie von Ordensgemeinschaften wie zum Beispiel das Franziskanergymnasium Bozen, Trägervereinen wie die Waldschule Lichtenstern am Ritten oder Stiftungen, ein Beispiel dafür ist die Mittelschule der Ursulinen in Bruneck.
Von welchen Werten werden solche Schulen geleitet?
Katholische Schulen stehen für christliche Werte und einer Grundhaltung, die die Gemeinschaft sowie die ganzheitliche Entfaltung jeder einzelnen Person in den Blick nimmt. Die Schulen mit freier Trägerschaft folgen den Ansätzen einer Reihe von Reformpädagogen und -pädagoginnen und bieten neue bzw. alternative Wege im Unterricht.
Etwa 2000 der über 90.000 Schülerinnen und Schüler in Südtirol besuchen eine gleichgestellte oder anerkannte Privatschule.
Gleichgestellte und anerkannte Privatschule unterscheiden sich vom Unterricht, den Eltern selbst übernehmen.
Genau, beim Elternunterricht werden Kinder und Jugendliche von Eltern bzw. Privatlehrpersonen alleine zu Hause oder gemeinsam mit anderen in einer Gruppe unterrichtet. Im letzteren Fall sprechen wir von Elternschulen. Das sind Privatinitiativen Einzelner oder Zusammenschlüsse von mehreren Erziehungsverantwortlichen, um einen privaten Unterricht für Kinder und Jugendliche anbieten zu können. Elternschulen werden von den Schulbehörden nicht überprüft. Daher müssen Kinder und Jugendliche, die zu Hause unterrichtet werden oder eine Elternschule besuchen, jährlich eine Eignungsprüfung ablegen, damit der Staat bzw. das Land überprüfen kann, ob sie die vorgeschriebenen Ziele erreicht haben, oder nicht.
Zurück zu den Privatschulen: Wie viele Kinder besuchen solche Einrichtungen?
Etwa 2000 der über 90.000 Schülerinnen und Schüler in Südtirol besuchen eine gleichgestellte oder anerkannte Privatschule, das sind etwas mehr als zwei Prozent aller Schülerinnen und Schüler. Rund 150 Schülerinnen und Schüler befinden sich im Elternunterricht.
Warum gibt es überhaupt Privatschulen?
Der Diözese und den Ordensgemeinschaften ist es seit jeher ein großes Anliegen Bildung mitzugestalten und dabei besonders auch die religiöse Bildung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. In jüngerer Vergangenheit sind in Südtirol zudem auch Privatschulen in freier Trägerschaft entstanden, um neue pädagogische Ansätze anzubieten und Vielfalt in die Bildungslandschaft zu bringen. Einige Schulen sind auch aus Elterninitiativen heraus entstanden, weil sie mit dem öffentlichen Bildungsangebot unzufrieden waren bzw. sind und nach neuen Wegen in der Bildung suchen.
Es ist gut, wenn Eltern aus einem vielfältigen Angebot wählen können. Daher unterstützt das Land solche Schulen auch finanziell.
Gibt es einen Trend hin zu Neugründungen?
Während der Corona-Zeit gab es einen Boom an Gründungen von Elternschulen. Diese sind seitdem wieder rückläufig. Einige wenige Schulen haben sich aber etabliert und bieten Eltern eine Alternative zu den öffentlichen Schulen.
Warum unterstützt das Land solche Privatschulen?
Die gleichgestellten und anerkannten Privatschulen in Südtirol sind ein wichtiger Bestandteil der heimischen Bildungslandschaft und stellen eine Ergänzung des Bildungsangebotes im Land dar. Es ist gut, wenn Eltern aus einem vielfältigen Angebot wählen können. Daher unterstützt das Land solche Schulen auch finanziell.
Wie finanzieren sich solche Privatschulen?
Privatschulen erhalten Landesbeiträge, Schülerbeiträge, Spenden und Sponsorengelder. Wenn es sich um katholische Schulen handelt, fließen auch Gelder der Diözese oder der Ordensgemeinschaft mit ein. An manchen Privatschulen ist an die Schule auch ein Heim angeschlossen. Dafür gibt es zusätzliche Landesbeiträge.
Wie hoch ist der Beitrag, den die öffentliche Hand gibt?
Die Schulen werden vom Land gefördert. Gleichgestellte Schulen erhalten rund 70 Prozent der Personalkosten zurückerstattet, bei den anerkannten Schulen sind es ca. 3.000 bis 4.000 Euro pro Schülerin und Schüler im Jahr. Dennoch sind diese Schulen auf den Beitrag der Eltern angewiesen, um das Angebot aufrecht erhalten zu können.
INFO stellt in den kommenden Wochen einige staatlich gleichgestellte und anerkannte Privatschulen vor.