Erinnerungen an eine außergewöhnliche Lehrerin

Donnerstag, 24.10.2024

Vor 50 Jahren startete eine gemischte 5. Klasse der Grundschule in der 30.-April-Straße in Meran in eine prägende Schulzeit mit ihrer fortschrittlichen Lehrerin Mathilde Hofer. Zum Jubiläum trafen sich die ehemaligen Schülerinnen und Schüler, um Erinnerungen aufleben zu lassen und ihrer außergewöhnlichen Lehrerin zu gedenken.

Im Jahre 1973/74 besuchte eine 26-köpfige Schulklasse, zum ersten Mal eine gemischte 5. Klasse, die Grundschule in der 30.-April-Straße in Meran. Dies ist jetzt genau 50 Jahre her, und so beschlossen wir, ein Klassentreffen zu organisieren. Die Recherche, um alle Klassenkameraden ausfindig zu machen, war in der heutigen „Privacy-Zeit“ äußerst spannend. Unsere Klassenlehrerin war Frau Mathilde Hofer (geb. 1925 in Moos, gest. 1987 in Meran). In unserem WhatsApp-Klassenchat wurden die Erinnerungen an die großartige, phantastische, immer freundliche, ihrer Zeit vorausdenkende Lehrerin Mathilde ausgetauscht.

Die ehemaligen Schülerinnen und Schüler beim Klassentreffen zu Ehren ihrer damaligen Lehrerin Mathilde Hofer.

Sie war eine Lehrerin, die in ihrer Zeit und darüber hinaus eine ganz besondere Spur hinterlassen hat. Ihre pädagogische Arbeit hat viele von uns geprägt und ihre einfühlsame Art, das Lernen zu gestalten, wird uns immer in Erinnerung bleiben.

Ihre Methoden mögen unkonventionell gewesen sein, für uns Kinder waren sie jedoch inspirierend. Dies gefiel unseren Müttern nicht so sehr – wir aber lieben unsere fortschrittliche Lehrerin bis heute dafür. Frau Lehrerin Mathilde lehrte das eigenständige Denken und ermahnte uns mit beiden Füssen im Leben zu stehen. Sie stärkte unsere Selbstständigkeit und forderte uns auf, unseren Weg zu gehen, so wie sie es auch für sich selbst getan hatte.
Sie glaubte daran, dass Lernen nicht nur innerhalb der vier Wände des Klassenzimmers stattfinden sollte. Ihre vielen zusätzlichen Angebote, die Lehrausgänge und Projekte, brachten uns die Welt näher und eröffneten uns neue Horizonte.

Lehrerin Mathilde Hofer

Mathilde Hofer war nie eine Lehrerin, die mit erhobenem Zeigefinger unterrichtete. Sie vertraute auf die Kraft der Freiheit und auf die Neugier, die wir alle in uns trugen. Für manche Lehrerkollegen und -kolleginnen war dies vielleicht schwer zu verstehen, doch für uns Schülerinnen und Schüler war es ein Geschenk. Wir konnten bei ihr wachsen, durften Fehler machen, durften fragen und zweifeln – und wurden genau darin von ihr bestärkt.

Frau Mathilde Hofer blieb ihren Idealen treu – und leider scheiterte sie auch daran. Ihr allzu früher Tod 1987 hat eine große Lücke hinterlassen. Wir wollen sie jedoch nicht allein durch ihre Abwesenheit in Erinnerung behalten. Wir wollen vielmehr an das Lächeln denken, mit dem sie uns begrüßte, an ihre unerschütterliche Geduld und an die Art und Weise, wie sie in jedem von uns das Besondere gesehen hat.

Mathilde Hofer hat uns gelehrt, dass Lernen Spaß machen kann, dass wir es verdienen, ernst genommen zu werden, und dass es okay ist, anders zu sein. Sie war eine Lehrerin, die uns mit Herz und Verstand auf das Leben vorbereitet hat, und wir alle tragen ein Stück von ihr in uns. Dafür sind wir ihr unendlich dankbar.

Am Tag des Klassentreffens in unserer ehemaligen Schule wurden viele Erinnerungen lebendig.

Die Vizedirektorin der Musikschule Barbara Überbacher führte uns durch die heutige Schule und erzählte Geschichtliches davon. Im Anschluss ließ Helmut Kiem, damaliger Kollege und späterer Direktor unserer Lehrerin Mathilde, ihr Leben und Wirken in einem emotionalen Nachruf noch einmal Wirklichkeit werden. Frau Elisabeth Hofer, die Nichte der verstorbenen Lehrerin Mathilde Hofer, die kurzfristig noch am Klassentreffen teilnehmen konnte, erzählte Privates und Persönliches aus ihrem Leben. Ebenso Elisabeth Wolf vom Bucherhof in Algund, erzählte herzerwärmende Geschichten aus Mathilde Hofers Leben. Mathilde Hofer war als Kind am Bucherhof aufgenommen worden. Ihr Name ist sogar auf dem Familiengrab in Algund verewigt, weil sie für ihre Familie einfach dazugehörte.

Begraben ist unsere Lehrerin aber in Untermais in Meran. Die Klasse hat beide Friedhöfe in ihrem Gedenken besucht. Beim anschließenden gemeinsamen Abendessen in Algund wurden noch kuriose und witzige Geschichten vom „Schultasche tragen“, von Suspendierungen, von „Madln tratzn,“ und anderem zum Besten gegeben.

In Erinnerung an unsere besondere Grundschulzeit mit einer einzigartigen Lehrerin, verabschiedeten wir uns in der Gewissheit uns bald mal wieder zu treffen.

In stiller Erinnerung und voller Dankbarkeit.

Für die ehemaligen Schülerinnen und Schüler der 5. Klasse Grundschule Meran

Die damalige 5. Klasse Grundschule Meran mit Lehrerin Mathilde Hofer
Quelle: Josef Rizzolli