Feature: Mariengarten
„Lernen nach christlichen Werten!“
Die Schule und das Internat „Mariengarten“ zählen zu den sogenannten gleichgestellten Mittelschulen Südtirols. Direktor Hanspeter Künig erklärt im Gespräch mit INFO, inwiefern sich der Mariengarten von Schulen staatlicher Art unterscheidet, welche Wertebasis im Unterricht verfolgt wird und wie Inklusion am Mariengarten definiert wird.
Seit 1886 sind die gleichgestellten Mittelschulen und das Internat Mariengarten eine feste Größe in der privaten Mädchenbildung. Die Schule, ursprünglich vom Zisterzienserinnen-Orden getragen, hat sich mit dem Deutschorden als neuem Träger weiterentwickelt.
„Mariengarten ist ein idealer Lernort: eine kleine Schule, mitten im Grünen. Die familiäre Atmosphäre wird von Eltern, wie von den Schülerinnen und Schülern sehr geschätzt. Tagesheim und Internat erweitern die Lernangebote. Die Eltern unserer Lernenden bekräftigen immer wieder, dass sie ihre Söhne und Töchter in Mariengarten gut aufgehoben wissen.“, erklärt der Direktor Hanspeter Künig. Wissensvermittlung geschieht im Mariengarten nicht nur im Klassenzimmer. Auch die Kirche gehört zur Schule dazu, im Laufe des Schuljahrs werden Festtage mit der ganzen Schulgemeinschaft feierlich begangen. Neben der Turnhalle können auch Fußballplatz und Schwimmbad für sportliche Aktivitäten genutzt werden, verrät Künig.
In den letzten Jahren haben sich im Mariengarten zwei Schwerpunkte in der pädagogischen Arbeit herauskristallisiert: Zum einen ist nach den Corona-Jahren die digitale Kompetenz der Lernenden immer wichtiger geworden, weshalb die Schule informatische Kenntnisse verstärkt vermitteln will – wozu Tablets angekauft wurden. Zusätzlich unterstützen die digitalen Tafeln die Nutzung digitaler Medien im Unterricht. Zum anderen ist der Mariengarten seit Jahren für seine Schulprojekte bekannt: „Hier können unsere Schülerinnen und Schüler ihre kreativen, schauspielerischen und musischen Talente unter Beweis stellen. In diesem Schuljahr führen wir zum Beispiel ein großes Theaterprojekt durch, eine Regisseurin hilft uns dabei und ermöglicht den Lernenden so Einblicke in die professionelle Theaterarbeit.“, erklärt der Direktor.
Motto und Wertebasis
Getreu dem Motto „In seiner Güte zeigt uns der Herr den Weg zum Leben“ aus der Regel des Heiligen Benedikt, betont die Schule ihre christlichen Grundwerte und strebt nach zeitgemäßen Bildungswegen.
INFO: Was hat dich dazu motiviert, im Mariengarten zu lernen?
Philipp Nigg (Schüler): Ich habe mich für den Mariengarten entschieden, weil meine Schwester hier zur Schule gegangen ist und sie nur Positives erzählt hat. Außerdem hat die Schule ein Schwimmbad und viele andere interessante Dinge, die mich neugierig gemacht haben.
Neben dem normalen Unterricht habe ich auch bei Ausflügen, Projekten und Klassenfahrten viele tolle Erfahrungen gesammelt. Die Vielfalt an Aktivitäten hat meine Schulzeit hier echt bunt gemacht.
Respekt und Toleranz werden im Mariengarten großgeschrieben. Jeder Schüler, jede Schülerin darf einzigartig sein, soll sich in seinem/ihrem Sosein aufgehoben fühlen. Der Blick auf christliche Werte bildet hier die Grundlage für ein lernförderliches Miteinander: „Mit dem Läuten der Schulglocke hört der Unterricht ja nicht auf. Wir lernen – Lehrpersonen wie Lernende gleichermaßen – in der gemeinsamen Mensa, in den Lernpausen, bei Ausflügen und Schulprojekten – christliche Werte zu leben.“, meint Künig und erklärt, dass mit diesem christlichen Wertefundament es leichter sei, auf Konflikte und Regelverstöße angemessen und schnell zu reagieren. Erziehungsarbeit in christlichem Sinne bedeutet demnach aber auch Vertrauen zu schenken, Freiheiten zuzulassen und Verantwortlichkeiten zu stärken, um die Schülerinnen und Schüler zu kritischem Denken anzuleiten und sie zu mündigen Bürgern heranwachsen zu lassen.
Inklusion als Leitprinzip
Mariengarten setzt auf Inklusion durch individuelle Betreuung und begleitet Lernende in parallelen Kleingruppen sowie mit gezielten Kompensationsmaßnahmen. Die Talente und Fähigkeiten der Lernenden im Mariengarten sind vielfältig. Der Lernstoff stellt somit Anforderungen, denen nicht alle gleich gewachsen sind. Auf die Frage, wie im Mariengarten Inklusion definiert wird, antwortet Künig: „Mit Differenzierung und Beziehungsarbeit. Wir können gezielte Maßnahmen ergreifen, damit grundsätzlich jeder und jede die gleichen Bildungschancen erhält. Individuelle Unterstützung ist auch gegeben, weil einige Unterrichtsstunden in Co-Präsenz gehalten werden. Wir wollen einem Schüler oder einer Schülerin auch nicht zu viel zumuten, denn die Freude am Lernen ist gerade für die eine gelingende Inklusion wesentlich. Wir versuchen auch neue Modelle von Inklusion umzusetzen, etwa wenn Schülerinnen und Schüler der dritten Klasse jene der ersten Klasse in kleinen Gruppen unterrichten. Inklusion ist nämlich in erster Linie Beziehungsarbeit, und manchmal gelingt das am besten zwischen Lernenden.“
Förderung von Begabungen und Interessen:
Die Schule fördert und fordert ihre Schülerinnen und Schüler individuell, entdeckt Begabungen durch differenzierte Maßnahmen und unterstützt sie dabei, ihre Interessen zu entwickeln. „Wir arbeiten daran, unsere Stärken weiter auszubauen. Mündliche Schülerfeedbacks, aber auch schriftliche IQES-Umfragen geben uns einen Hinweis darauf, was von den Lernenden an unserer Unterrichtstätigkeit besonders geschätzt wird. Fächerübergreifende Projekte, Expertenunterricht, die Zusammenarbeit mit anderen Bildungseinrichtungen sollen deshalb auch weiterhin wichtiger Bestandteil unseres Lehrangebots bleiben“, so der Direktor.
INFO: Welche besonderen Erfahrungen hast du im Mariengarten während deiner Schulzeit gemacht und welche Abenteuer hast du erlebt?
Mare Pfeifer (Schülerin): Mir hat besonders gefallen, dass der Mariengarten den Sport fördert. Das hat mich interessiert, vor allem weil mein Cousin hier gute Erfahrungen gemacht hat. Die Idee, in einer Schule zu sein, die Sport wichtig nimmt, hat mich angesprochen.
Neben dem Unterricht waren die Ausflüge und Projekttage richtig cool. Da konnte ich viel erleben und lernen, nicht nur aus den Büchern. Ich habe Freunde kennengelernt, welche aus unterschiedlichen Dörfern kommen, das war interessant.
In Zukunft plant die Schule den Informatikunterricht so zu strukturieren, dass er zu einem feststehenden Modul im Schulcurriculum wird. Lesekompetenz ist Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Lernen. Das Bibliotheksteam bemüht sich daher, durch zahlreiche Aktionen die Lesefreude zu wecken und die Bibliothek als zentralen Lernort zu etablieren. So werden zum Beispiel Schülerinnen und Schüler des Mariengartens zu Literaturvermittlern, wenn sie in andere Mittelschulen gehen, um die Bücher der Sommerleseaktion vorzustellen. Stolz berichtet Hanspeter Künig, dass der Mariengarten für seine Booktube-Reihe auf dem YouTube-Kanal vom Amt für Bibliotheken ausgezeichnet wurde. Diese und andere bewährte Projekte sollen in Zukunft weiterhin gepflegt werden.
Zusätzlich verweist der Direktor des Mariengartens darauf, dass die gesellschaftliche Bildung immer mehr an Bedeutung gewinnt – nicht erst bei der Abschlussprüfung der dritten Klasse Mittelschule. Lehrpersonen sollen daher auf aktuelle Entwicklungen reagieren und gesellschaftliche und politische Themen in den Unterricht einbauen. „Dadurch fördern wir auch eine Diskussionskultur an unserer Schule und wecken das Interesse für Politik. In Rückmeldungen ehemaliger Schülerinnen und Schüler wird gerade dieser Gegenwartsbezug des Unterrichts immer wieder angesprochen und gelobt!“, so Künig. Einige ehemalige Schülerinnen des Mariengartens haben in der Schule zum ersten Mal im Rahmen von Filmprojekten ihr Sing- und Schauspieltalent erprobt und treten jetzt erfolgreich in Südtiroler Musical-Produktionen auf. Ein Schüler des Mariengartens hat sogar die Aufnahmeprüfung der renommierten Filmschule in Wien geschafft. Diese Erfolgsgeschichten kennt Direktor Künig nur zu gut, da er und die ganze Schule mit vielen ehemaligen Schülerinnen und Schülern weiterhin Kontakt pflegen: „Ehemalige Schülerinnen und Schüler besuchen uns gern bei Schulfesten oder am Tag der offenen Tür. Es bleibt eine Verbundenheit mit unserer Schule bestehen, die über die Oberschulzeit hinausreicht.“