Mathematik-Modellierungswoche: Carsharing oder eigenes Auto?

Schülerinnen und Schüler mit besonderem Interesse zur Mathematik stellten sich im Rahmen der Mathematik-Modellierungswoche die Frage, ob Carsharing eine sinnvolle Alternative zum eigenen Auto darstellen kann.
Was ist das Ziel der Mathematik-Modellierungswoche?
Ziel dieser Veranstaltung ist es, Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer unter dem Leitziel „Verstehen und Erarbeiten komplexer Sach- und Sinnzusammenhänge“ ein erweitertes praxisorientiertes Bild von Mathematik zu vermitteln. Nämlich jenes, wie man Mathematik tatsächlich in Wirtschaft und Industrie einsetzt, wie man mit Mathematik Realität modelliert, welche Einschränkungen man dabei in Kauf nehmen muss, was Mathematik nicht mehr beschreiben kann, wo also Werte und Haltungen von uns Menschen eine wichtige Rolle spielen.
Gleichzeitig wird die Arbeit im Team, das selbst organisierte und eigenverantwortliche Lernen sowie die Auseinandersetzung mit komplexen Fragestellungen gefordert. Die Problemstellungen verlangen mathematisches, wirtschaftliches, physikalisches und informatisches Wissen, das bedarfsorientiert eingesetzt werden muss.

Worum geht es bei der Problemstellung?
Die Wirtschaftlichkeit von Carsharing hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die jährliche Fahrleistung, die Kosten eines eigenen Fahrzeugs sowie die Preisstruktur der Carsharing-Angebote. Eine detaillierte Kostenanalyse zeigt, dass die Fixkosten eines privaten Autos (Anschaffung, Versicherung, Steuer, Wartung) bereits einen erheblichen Anteil der Gesamtkosten ausmachen.
Ein zentraler Vorteil von Carsharing liegt in der potenziellen Reduktion der CO₂-Emissionen. Durch die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen müssen weniger Autos produziert und betrieben werden, was zu einer Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs beiträgt.
Carsharing kann eine bezahlbare und flexible Mobilitätsoption für verschiedene Zielgruppen sein. Dies gilt besonders für Personen, die in Gebieten mit eingeschränktem öffentlichen Nahverkehr wohnen.
Es ergab sich also folgende Fragestellung: Unter welchen Bedingungen ist Carsharing mit Elektroautos eine wirtschaftlich, ökologisch und sozial sinnvolle Alternative zum eigenen Auto?
1. Tag: Erfassung der Problemstellung
Zuerst ging es darum, die Komplexität der Aufgabenstellung zu verstehen und in einzelne Teilaufgaben zu zerlegen. Schnell zeigte sich, dass es drei wichtige Faktoren gibt, die genauer untersucht werden sollten. Einige Gruppenmitglieder entschieden sich, die Kosten für ein eigenes Elektroauto, ein eigenes Auto mit Verbrennungsmotor oder die Möglichkeit, ein Auto über Carsharing zu verwenden, zu vergleichen. Dabei zeigte sich, dass es auch bei Carsharing verschiedene Möglichkeiten gibt, zum Beispiel verschiedene Tarife oder die Möglichkeit, das Auto an verschiedenen Standorten zurückzugeben. Andere Gruppenmitglieder beschäftigten sich bereits mit der zeitlichen Benutzung und Buchung der Fahrzeuge. Von der Firma Alps-GO bekam die Gruppe zahlreiche Daten, aus denen die zeitliche Buchung und Ausnutzung der Fahrzeuge im Laufe eines Tages herausgefiltert werden mussten. Einige Mitglieder der Gruppe wollten die Wahrscheinlichkeit von Überlappungen bei Buchungen zuerst analytisch bestimmen, sie merkten aber schnell, dass das unmöglich war. Somit versuchte man die Wahrscheinlichkeit numerisch zu berechnen und nahm die Parameter der Buchungszeiten, Buchungsdauer und Buchungshäufigkeit her und wollte diese Wahrscheinlichkeit kleiner als 95 Prozent halten. Ein weiteres Mitglied beschäftigte sich währenddessen mit der Frage, welche Parameter es braucht, um einen attraktiven Standort der Autos zu finden.

2. Tag: Präzisierung des Themas und erste Schritte der Modellierung
Am zweiten Tag versuchte man bereits den gefundenen Kostenvergleich zu optimieren und eine Funktion zu erstellen, die die Kosten in Abhängigkeit der zurückgelegten Strecke unter der Berücksichtigung der Buchungszeit darstellt. Dafür wurden einzelne Daten ausgewählt und recherchiert. Nachdem eine solche Funktion gefunden wurde, wollte die Gruppe einen Kostenrechner programmieren, der nach Eingabe des eigenen Nutzungsprofils (erwartete durchschnittliche gefahrene Kilometer, kürzere oder längere Strecken bzw. Fahrtdauer, Häufigkeit der Nutzung …) berechnet, welcher Carsharing-Tarif lohnender bzw. ob doch die Anschaffung eines eigenen Autos ökonomisch sinnvoller ist.
Dieses erste Modell sollte auch die minimale Anzahl der benötigten Autos pro Nutzer und Nutzerin (abhängig vom Nutzungsprofil) bestimmen, um mit gewünschter Wahrscheinlichkeit die Verfügbarkeit der Autos zu gewährleisten und die Standortattraktivität zu bestimmen. Zum Abschluss des Tages verglich man die berechneten Werte mit den erhaltenen Referenzdaten der Firma Alps-Go sowie mit der Formel mit ÖPNV-Fahrgastzahlen, die die Gruppe bei der Recherche gefunden hat.
3. Tag: Ausarbeitung des mathematischen Modells
Zu Beginn des dritten Tages wurden gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Begleiter, Martin Bracke, Überlegungen zum weiteren Vorgehen gemacht: Ausgehend von der Idee, dass es nutzerinnen- und nutzerfreundlicher und damit wahrscheinlich rentabler für den Anbieter wäre, wenn ein gebuchtes Auto an einem beliebigen Carsharing-Standort zurückgegeben werden könnte, wurde eine Simulation erstellt, in der Carsharing in drei Ortschaften mit unterschiedlichen Einwohnerinnen- und Einwohnerzahlen und unterschiedlichen ÖPNV-Anbindungen genutzt wird. Für die Simulation wurde über verschiedene Nutzerinnen- und Nutzerprofile und die daraus resultierende Anzahl von Carsharing-Autos diskutiert.
4. Tag: Fertigstellung, Aufzeigen weiterer Schritte und Dokumentation
Am 4. Tag wurden alle Ergebnisse zusammengetragen, das gefundene Modell nochmals diskutiert und weiterhin am Simulationsprogramm gearbeitet. Das Programm berechnete die Kosten und die Attraktivität des Carsharings, um zu modellieren, welche Anzahl von Autos notwendig wären, um den Bedarf an Autos für die Einwohnerinnen und Einwohner zu decken. Dies wurde basierend auf den Standorten Bozen, Kastelruth und Klausen erarbeitet und für diesen Fall unterschiedliche Nutzerinnen- und Nutzerprofile (zum Beispiel Berufspendlerinnen und Berufspendler, Personen, die das Auto für Besorgungen und Termine benötigen, Personen, die das Auto für Freizeitaktivitäten benötigen) untersucht.
Am Ende des Tages mussten dann die gefundenen mathematischen Modelle noch so aufbereitet werden, dass die Aufgabensteller die Ergebnisse nachvollziehen und für ihre Zwecke nutzen können.
5. Tag: Vorstellung des erarbeiteten Problems
Am letzten Tag konnten dann die gefundenen Ergebnisse samt Simulationsprogramm der Firma Alps-Go, den Eltern und Interessierten vorgestellt werden.
