Besuch an der Alemannenschule von Wutöschingen

Schule neu gedacht

Dienstag, 11.3.2025

Eine Delegation der Deutschen Bildungsdirektion stattete der Alemannenschule von Wutöschingen in Baden-Württemberg, Gewinnerin des Deutschen Schulpreises 2019, vor Kurzem einen Besuch ab.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesschuldirektion und der Pädagogischen Abteilung besuchten Mitte Februar 2025 die “Schule der Zukunft”, Gewinnerin des Deutschen Schulpreises 2019, in Wutöschingen. Stefan Ruppaner, bis vor kurzem Schulleiter, führte uns gemeinsam mit Konrektorin Patricia Schmidt in das Konzept der Schule ein und ermöglichte es uns, das Leben und Lernen an der Schule kennenzulernen.

Bei der Alemannenschule handelt es sich um eine Gemeinschaftsschule. Kinder und Jugendliche werden von der ersten bis 13. Klasse in ihrer ganzheitlichen Entwicklung begleitet und individuell gefördert.

Die wesentliche Gelingensbedingung für den sichtbaren Erfolg ist die Entwicklung einer allen gemeinsamen Haltung, die das Lernen und die Entwicklung in den Mittelpunkt stellt. Im Laufe der Jahre wurde kontinuierlich an der Konkretisierung dieser Haltung gearbeitet und ein Setting etabliert, welches individuelles und soziales Lernen zulässt und fördert. Das Ergebnis des über zwei Jahrzehnte dauernden Entwicklungsprozesses beeindruckt in seiner Klarheit und Konsequenz.

Mehrere effektstarke Aspekte aus Hatties Metastudie (Die sogenannte Hattie-Studie des neuseeländischen Bildungsforschers John Hattie beschäftigt sich mit dem Themenfeld Schulunterricht, Anm. d. Red.) sind fixer Bestandteil des Lernalltags, zum Beispiel: herausfordernde Ziele, reziproker Unterricht, Microteaching, Feedback, Peer Tutoring, kooperatives Lernen, metakognitive Strategien und regelmäßige Lernberatung.

Individuelle Begleitung

Die individuelle Begleitung geht Hand in Hand mit einer hohen Eigenständigkeit der Schülerinnen und Schüler. Diese wird kleinschrittig und im Tempo der Lernenden eingeführt, eingeübt und kontinuierlich erweitert. Schülerinnen und Schüler beginnen als Neustarterinnen und Neustarter, entwickeln sich zu Starterinnen und Startern, Lernprofis und schließlich Durchstarterinnen und Durchstartern. Jede Graduierung steht für einen bestimmten Grad der Freiheit, gepaart mit der damit verbundenen Verantwortung: klare Regeln mit transparenten Konsequenzen bei Nichtbeachtung. Teile der Regeln beziehen sich auf die freie Wahl der Themen, der Materialpakete, der Lernräume und Lernzeiten.

Der Raum wird an der Alemannenschule effektiv als dritter Pädagoge ins Spiel gebracht:

  • Inputräume dienen der gezielten Instruktion in den Hauptfächern Mathematik, Deutsch und Englisch;
  • Lernateliers werden für das Individualstudium genutzt;
  • der Marktplatz ist der Ort für Kooperation und Austausch;
  • in Clubräumen werden am Nachmittag unterschiedliche Themenschwerpunkte aus verschiedenen “Fächern” angeboten. Diese reichen von “Debattieren über Heimat”, “Ora et Labora”, “Wie funktioniert ein PC?”, “Nähen” bis hin zu “Wattenmeer und Ägypten”. Abhängig vom Thema sind diese “Räume” auch oft außerhalb der Schulmauern angesiedelt. 

Weitere “Räume” für das Lernen sind der Lebensraum Schule (Mensa, Schulhof, …), der digitale Raum (die Plattform DiLer) und nicht zuletzt das Zuhause der Schülerinnen und Schüler. Alle genannten Räume sind für die Entwicklung wesentlich und spielen zusammen.

Das Lernen der Schülerinnen und Schüler orientiert sich an Kompetenzrastern. Die digitale Plattform DiLer bildet den Lernfortschritt laufend ab und macht den individuellen Lernweg sichtbar. Die Kompetenzen werden als Mindest-, Regel- und Expertenstandards ausgewiesen. Die Schülerinnen und Schüler stellen in den entsprechenden Gelingensnachweisen ihre Entwicklung unter Beweis.

Lernbegleitung als Herzstück

Das Herzstück des Lernens an der Alemannenschule ist ohne Zweifel die Lernbegleitung, die in regelmäßigen Abständen (in der Regel einmal wöchentlich für ca. 15 Minuten) zwischen den Lernbegleiterinnen und Lernbegleitern und den ihnen zugewiesenen Schülerinnen und Schülern stattfindet. Hier geht es in erster Linie darum, die Beziehung mit dem Kind bzw. der/dem Jugendlichen zu pflegen. Das Kind bzw. der/die Jugendliche wird in seiner/ihrer Ganzheitlichkeit gesehen, wahrgenommen und begleitet.

Stefan Ruppaner verwendet das Bild des Menüs, des Buffets: das Setting für das Essen wird mit großem Einsatz, Kreativität und Herz von den Lehrpersonen vorbereitet und gestaltet. Für die Wahl der Speisen und das Essen selbst hingegen sind die Lernenden verantwortlich.

(Zitat) “Auf die Haltung kommt es an.”

Eine oft zitierte Aussage. An der Alemannenschule ist diese Haltung konkret spürbar: in der ruhigen Arbeitsatmosphäre, im respektvollen Umgang miteinander, im Leben der Regeln. Wir haben diese Haltung gesehen, gehört und gefühlt: saubere, einladende und pragmatisch eingerichtete Räume, die für die unterschiedlichen Lernanlässe gezielt geschaffen wurden; Flüsterkultur, Stille bzw. angepasste Lautstärke je nach Lernraum; Rollen- und Aufgabenklarheit; Angenommensein.

Das Leitbild

Das Leitbild der Alemannenschule wurde von uns nicht nur als Folie der Präsentation wahrgenommen.

Dieses Leitbild ist ein gelebtes und das Ergebnis einer gemeinsamen Haltung, die über die Jahre in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess entstanden ist. Es drückt Zielklarheit, Mut und kontinuierliche Auseinandersetzung aus. Es stellt das Lernen und die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler in den Vordergrund. Dieses Leitbild setzt auf ein anderes Verständnis von Schule und auf den Mut und die Bereitschaft, den dafür notwendigen Veränderungsprozess voranzutreiben. Dieses „Mindset“ könnte „Schule machen“ (siehe das erst kürzlich erschienene Buch von Stefan Ruppaner „Das könnte Schule machen“).

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Stefan Ruppaner, Patricia Schmidt, den Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern der Alemannenschule für den freundlichen Empfang und die Bereitschaft, sich von unseren Fragen „löchern“ zu lassen.

Die Delegation der Deutschen Bildungsdirektion gemeinsam mit Stefan Ruppaner (1. Reihe, 4. von links).

Anna Pfitscher

Service

  • Schule neu gedacht
    Eine Delegation der Deutschen Bildungsdirektion stattete der Alemannenschule von Wutöschingen in Baden-Württemberg, Gewinnerin des Deutschen Schulpreises 2019, vor Kurzem einen Besuch ab.
  • Wettbewerbsverfahren – schriftliche Prüfung abgeschlossen
    Am 3. März 2025 haben 71 Lehrpersonen an der Landesberufsschule für Handwerk und Industrie Bozen am Wettbewerb für die Aufnahme von Schulführungskräften an deutschsprachigen Grund-, Mittel- und Oberschulen teilgenommen.
  • Die Wahl des richtigen Schulbuchs ist entscheidend für den Lernerfolg
    Schulbücher sind ein zentraler Faktor für die Qualität des Unterrichts – Webinar der Pädagogischen Abteilung für Grundschullehrpersonen.
  • Impulse für die Schule von morgen 
    Diese Buchempfehlungen aus der Fachbibliothek der Pädagogischen Abteilung bieten spannende Einblicke in die Zukunft der Bildung: von KI im Unterricht über die Bedeutung interpersonalen Lehrens bis hin zu zukunftsweisenden Schulkonzepten. 
  • „Gemeinsam stark werden“: Erste Ergebnisse der Pilotstudie vorgestellt
    Die Pilotstudie zur Reduktion aggressiver Verhaltensweisen in den Grundschulen wurde von der Uni Bozen und der Pädagogischen Abteilung erstellt. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend und ein weiterer Forschungsbedarf ist gegeben.
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